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Ein Funke der Hoffnung: Die Hilfsaktion von Helga und Thomas Gengenbach im Hohen Atlas
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Ein Funke der Hoffnung: Die Hilfsaktion von Helga und Thomas Gengenbach im Hohen Atlas

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Interview von Matthias Glage für TIMA magazin

Helga und Thomas Gengenbach: Ein deutsches Senioren-Paar, das eine außergewöhnliche Geschichte der Hilfsbereitschaft und des Engagements in einem entlegenen Dorf im Hohen Atlas, Marokko, erlebt hat. Die Entscheidung, sich intensiv für die Bewohner von Ignerkorris einzusetzen, wurde von einer Verbindung, die während ihrer Reisen nach Marokko entstand, sowie dem dringenden Bedürfnis nach Unterstützung nach einem verheerenden Erdbeben im September 2023, geprägt. Mit der Hilfe ihrer Kirchengemeinde, der HOPE Kirche, Die folgenden Interview mit Helga und Thomas geben Einblick in ihre Erfahrungen und die Fortschritte ihrer Bemühungen im Dorf.

Wie kommt ein deutsches Senioren-Paar dazu, so intensiv in einem Dorf im sHohen Atlas zu helfen?

Helga und Thomas Gengenbach:Ignerkorris ist ein Berberdorf im Hohen Atlas in Marokko. In diesem Dorf leben rund 40 Familien. Zu den Menschen in Ignerkorris hatten wir aus 2 Marokko Reisen Kontakt. Als wir von dem verheerenden Erbeben im September 2023 hörten, war uns schnell klar, dass Ignerkorris mitten drin liegt. Der Gedanke an ein Hilfsprojekt für die Menschen war schnell geboren. Dank Unterstützung unserer Kirchengemeinde, der HOPE Kirche, und konnte diese Realität werden.

Wie kam die Hilfsaktiondenn sprachlich in Gang?

Helga und Thomas Gengenbach:Über verzwickte Wege lernten wir Hassan kennen. Hassan lebt in Asni, 30 Kilometer von Ignerkorris entfernt. Hassan hat, bis er 26 Jahre alt war, in Deutschland gelebt, Er spricht perfekt Deutsch und den Tamazight-Dialekt der Berber oder besser Amazir, was soviel wie freie Menschen heißt. Ohne seine Unterstützung hätte die Hilfe nicht in der Weise umgesetzt werden können wie erfolgt. Hassan bleibt auch Kontaktperson für uns zum Dorf. Dabei muss man wissen, dass Hassan mit seiner Frau Naima und seinen beiden Kindern Ilyass und Achlam selbst Erdbebenopfer ist. Für mich ein Vorbild gelebter Hilfsbereitschaft. Hassan mit seiner Familie soll beim Wiederaufbau seines Familienhauses unterstützt werden.

Was machtet Ihr im Dorf?

Helga und Thomas Gengenbach:In das Leben im Dorf tauchten wir über 7 Wochen tief ein. Unser Wohnmobil stand auf einem Schotterplatz vor dem Dorf am Fluss, der – oh Wunder – seit dem Erdbeben wieder Wasser führt. Alleine waren wir da selten. Kinder waren immer bei uns. Malen, Singen, Obst Essen, Bonbons Abstauben und mit den älteren Kindern über den Glauben und Gott Austauschen war dran. Da spürte man natürlich die starke islamische Prägung. Gott als liebender Vater löste entsetzte Gesichter aus. „Gott hat keine Kinder“, so ihre Erkenntnis. Kidskirche der andern Art. Das war Helgas „Berufung“. Im Dorf kamen wir, organisiert durch Hassan, mit einem LKW voll Lebensmitteln an. Für jede Familie gab es ein Paket, einen Geldbetrag, Malstifte, Blöcke, mitgebrachte Kleidung und Schuhe. Der Bürgermeister Abdrahim hatte alles mustergültig vorbereitet und durchgeführt. Nach der Verteilung fragten wir, was sie weiter benötigen würden. Als Erdbebenopfer, ohne festes Haus, in provisorischen Zelten lebend, sagten sie, es fehle ihnen nichts. Nur einen würdigen Ort Gott anzubeten hätten sie nicht. Sie trafen sich aufgrund der zerstörten Moschee in einem Gewächshaus. Eine nicht ganz einfache Entscheidung dies zu unterstützen. Ein Zelt ist es dann geworden. Sehr festlich und würdig. Sie beten Gott in großer Ernsthaftigkeit auf dem Hintergrund ihres muslimischen Glaubens an. Diese Entscheidung war ein Türöffner. Durch den Übersetzer erfuhren wir, dass sie sich die Frage stellten, ob sie in Deutschland bei uns nach einem Erdbeben den Bau einer Kirche unterstützen würden. Wir hatten die Herzen der Menschen gewonnen.

Wie ging es weiter?

Helga und Thomas Gengenbach:In Folge konnten wir etliche Projekte anstoßen und auch durchführen. Über 200 Oliven- und Mandelbäume konnten wir für die Familien kaufen. Am Wasserspeicher konnte ein Deckel betoniert werden, da dieser sich ständig mit Geröll füllte. Da hat sich Thomas des Respektes der Männer erarbeitet. Er hat bei über 30 Grad mit den Männern gearbeitet und diese unterstützt. Für den Friedhof konnte ein Zaun finanziert werden und mit dem Bau begonnen werden. Dieser wird von den Männern in Eigenleistung fertiggestellt.

Der Brunnen

Thomas und Helga Gengenbach: Den Bau eines Brunnens konnten wir anstoßen. Wenn dieser fertig sein wird, dann werden sich die Lebensumstände in Ignerkorris verbessern.

Beten wir, dass der Brunnen viel gutes Wasser gibt. In der steinigen Gegend mit Kompressor 15 Meter tief von Hand zu graben ist eine Herausforderung. Die bürokratischen Hürden sind es ebenfalls. Wir hatten engen Kontakt zur Familie Brahim Ait Lahcen. In der Familie leben Brahim, seine Frau Jamila, ihre Söhne Yasin und Joed und die Tochter Somia. Weiter die Eltern von Brahim Hussein und Hadischa, sowie seine ledige Schwester Fatima. Sie führen ein Leben in Zelten und Bambusrohrunterkünften. Das Haus ist durch das Erdbeben zerstört. Es ist ein einfachstes bäuerliches Leben. Wir erlebten zutiefst fröhliche Menschen. Alle Mahlzeiten bekamen wir bei ihnen. Die marokkanischen Kochkünste von Helga haben sich weiterentwickelt.

Der Abschied

Thomas und Helga Gengenbach:Zum Abschied gab es ein weiteres Lebensmittelpaket und einen Geldbetrag. Am Abend vor der Abreise musste Thomas dann noch mit dem Bürgermeister und dem Ältestenrat zu Hassan fahren. Zu siebt in einem kleinen Fiat Fiori über 30 Kilometer Schlaglochpiste hin und zurück. Sie brachten ihre Dankbarkeit zum Ausdruck und natürlich teilten sie mir ihren größten Traum mit. Eine neue Brücke mit welcher man mit eine Auto und Lieferwagen ins Dorf fahren kann, damit man nicht alles mit dem Esel durch den Fluss transportiert muss. Und vor allem keine gebärenden Mütter mehr, welche wegen Komplikationen ins Krankenhaus müssten.

Wie soll die Zukunft aussehen?

Helga und Thomas Gengenbach:Wir Beide, Helga und Thomas, wollen uns weiter für die Menschen in Ignerkorris einsetzen. Zusammen mit der Unterstützung eines Helferkreises in Deutschland wollen wir ein Zeichen der Liebe Gottes setzen. Wir werden gern in der Kidskirche, dem Seniorentreff, Frauentreff, Männertreff usw. von unseren Erfahrungen berichten. Übrigenshatte Brahim Ait Lahcen mich als Kontaktname „Der Christ“ (Nosrani) auf seinem Handy gespeichert. Er kannte damals meinen Namen nicht. Also wusste man von Anbeginn der Beziehung, welches Geistes Kinder wir sind.

 

Nachwort Matthias Glage

Nachdem vor einigen Wochen Brahim Oubaha für das Tima-Magazin ein Interview mit mir gemacht hatte, kam mir die Idee, nun auch Helga und Thomas zu interviewen. Über Facebook lernte ich die beiden kennen, vermittelte meinen Pflegesohn Hassan als Dolmetscher und freundete mich schnell mit ihnen an, da wir gleiche Ziele haben.

Gäbe es doch mehr Menschen, nicht nur Christen, die ähnliche Projekte in Gang bringen! Ein Fußball-Freund Marokkos sammelte in Deutschland viel Geld und verteilte es nach dem Erdbeben hier an die Familien. Doch bald danach gab es schon wieder andernorts Katastrophen. Und hier werden nun ab morgen die Häuser abgerissen. Das Leben in Zelten ist bei der Hitze nur schwer erträglich.

Helgas und Thomas‘ Geschichte ist ein Beispiel für die universelle Sprache der Nächstenliebe und des Mitgefühls, die Grenzen und Kulturen überwindet. So wurde ein bleibendes Zeichen der Hoffnung und des Zusammenhalts gesetzt. In den schwersten Zeiten können solche Gesten der Freundlichkeit und Solidarität eine Welt des Unterschieds bedeuten.

Marokko ist ein wunderschönes, abwechslungsreiches Land mit sehr netten Menschen, besonders übrigens in den Dörfern. Der Fremdenverkehr nimmt zurzeit erheblich zu. Das Erdbebengebiet beschränkt sich hauptsächlich auf zwei Provinzen: Haouz und Taroudannt. Ich bitte die Gäste, nicht nur Marrakech, Essaouira oder die Wüste zu besuchen, sondern kommen Sie auch mal hierher in den Hohen Atlas! Sie werden herzlich empfangen werden. Und vielleicht gibt es dann ja auch noch mehr Partnerschaften, Freundschaften, Hilfe und Freude.

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