Brahim Oubaha, ein guter Freund von uns ist extra aus Rabat in seinen Heimatort Biougra angereist, um ein paar Tage mit uns zu verbringen. Klar, dass wir dafür in Biougra gern Station machen.
Gemeinsam besuchen wir in der Nähe von Aït Milk den Musiker Ali Faiq, mit dem Brahim bekannt ist. Alis Familie lebt in Dcheira, damit seine Kinder bequem zur Schule gehen können, ihm selber ist die Stadt aber zu unruhig. Daher hat er sich in seinem Geburtshaus auf dem Land einen kreativen Rückzugsort gesucht. Mit viel Liebe zum Detail hat er bereits ein Haus in traditioneller Lehmbauweise restauriert. Eine große Bühne empfängt Besucher beim Betreten des Hauses, hier soll Künstlern ein Podium gegeben warden. Weiterhin sind ein halboffener Salon, ein Raum für Gäste und ein kleines „Museum“, in dem er Musikinstrumente sammelt, bereits fertig. Nebenan liegen Küche, Bad und weitere Räume. Je nach vorhandenem Geld wird weiter gebaut. Auch für die Gestaltung der Gartenanlage hat Ali neben den bereits vorhandenen Obst- und Olivenbäumen und Kräutern weitere Pläne im Kopf. Eine Spielecke für Kinder schwebt ihm vor, ein Platz, um draußen zu musizieren und eine Sommerküche sollen noch entstehen.
Nachdem er uns in seiner Anlage alles gezeigt hat, lassen wir uns im Salon nieder, es wird Tee serviert und wir unterhalten uns. Wie schön, dass Brahim als Übersetzer an unserer Seite ist. So erfahren wir, welche Probleme lokale, aber dennoch sehr bekannte Musiker haben, um mit ihrem Einsatz ihren Lebensunterhalt angemessen finanzieren zu können.
Auch die für Besucher kostenfreie Teilnahme an Festivals wird thematisiert, ein sicher sehr zweischneidiges Thema. Auf der einen Seite für jeden Musiker eine attraktive Plattform, um bekannter zu werden, auf der anderen Seite sind Zuhörer oft nur da, weil ein Ereignis stattfindet, ohne sich direkt für die Musik zu interessieren.
Trotz aller Probleme – Alis warme, braune Augen leuchten bei Gesprächen über Musik.
Leidenschaftlich engagiert er sich auch in sozialen Projekten mit dem Ziel, andere für die althergebrachte Musiktradition der Imazighen zu sensibilisieren. Mit den Kindern seines Dorfes musiziert er, geht in Schulen, um seine eigene Begeisterung weiterzutragen und ist glücklich, wenn er spürt, dass seine Arbeit bei einigen Kindern Wurzeln schlägt.
Sehr liegt ihm das Flüchtlingsthema seiner Nachbargemeinde Belfaa am Herzen. Um den illegal dort lebenden Heimatlosen aus Sénégal, Côte d’Ivoire, Mali und Guinea eine Möglichkeit zu bieten, ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen, sich anderen auf einem non-verbalen Weg zu öffnen, bietet er gemeinsames Musizieren an. Regelmäßig trifft er sich mit Interessierten, stellt teilweise die Instrumente, oder lässt sich von mitgebrachten Trommeln faszinieren. Bei gemeinsamen Übungsnachmittagen vergisst sicher der ein oder andere für kurze Zeit beim Musizieren seine Sorgen.
Aktuell lädt Ali zum öffentlichen Vorspiel am 20.11.2022 in Belfaa ein, um der Bevölkerung eine andere Seite der wenig geliebten Einwanderer zu präsentieren.
So vergeht der Nachmittag bei anregenden Gesprächen wie im Flug. Als es bereits beginnt zu dämmern, tischt Ali noch eine Pfanne mit Omelett auf, legt frisches Brot dazu.
Und als ich ihm zum Schluss noch meine stets mitgeführte Schachtel mit Katzenfutter für seine zugelaufene kleine Katze überlasse, strahlen seine Augen, der Katze scheint die Mahlzeit zu munden. Voller neuer Eindrücke fahren wir im Dunklen den nicht ganz einfachen Weg nach Biougra zurück.
Wie viele Schrecksekunden wären uns erspart geblieben, wenn jeder Verkehrsteilnehmer eine vernünftige Beleuchtung an seinem Fahrzeug hätte…
Mehr zu Ali als Musiker hat der Chefredakteur STV. des Tima-Magazins Brahim Oubaha hier veröffentlicht:
marokko.com/kultur/kunst/ali-faiq-und-die-kenntnisreiche-musik-der-ways
Text: Barbara & Andreas
marokko-erfahren.de
marokko-erfahren ist eine unabhängige europaweite Privatinitiative zur Förderung von Beschäftigung und Kulturerhalt.
Average Rating